Weißfrauen Diakoniekirche Frankfurt > Geschichte.

Abendmahlskelch der Weißfrauenkirche, vorreformatorisch
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Abendmahlskelch der Weißfrauenkirche, vorreformatorisch. Foto: Uwe Dettmar
Die Weißfrauenkirche war eine evangelische Kirche in der Altstadt von Frankfurt am Main. Sie brannte nach einem Bombenangriff am 22. März 1944 aus. Ihre Reste wurden beim Wiederaufbau 1952 zugunsten des Straßendurchbruches der Berliner Straße beseitigt. 1956 wurde eine neue Weißfrauenkirche westlich der Innenstadt im Bahnhofsviertel erbaut.

Das Weißfrauenkloster wurde 1228 als Stiftung Frankfurter Bürger gegründet und am 10. Juni 1228 durch Papst Gregor IX. anerkannt. Der Orden der Weißfrauen, amtlich „Magdalenerinnen“ oder „Reuerinnen“ (poenitentes) genannt, war im Jahr 1224 in Worms gestiftet worden. Seine Aufgabe war zunächst die Verwahrung bußfertiger Straßendirnen, ab ca. 1250 auch die Versorgung unverheirateter Angehöriger der bürgerlichen Familien. Die Weißfrauen lebten nach der Regel des Heiligen Augustinus und der Ordnung der Nonnen des Heiligen Sixtus. Sie trugen weiße, einfache Kleider, schliefen bekleidet und gegürtet auf Stroh und einem wollenen Tuch und durften niemals Müßiggang pflegen.

Bereits 1248 brannte das Kloster ab und musste erneuert werden. Im Juli 1342 ereignete sich das Magdalenenhochwasser, der höchste jemals gemessene Pegel des Mains. Die gesamte Altstadt stand damals unter Wasser. Auch in der Weißfrauenkirche soll das Wasser sieben Schuh hoch gestanden haben, wie eine lateinische Inschrift belegte, die bis zur Zerstörung im zweiten Weltkrieg in der Kirche zu sehen war. Der angegebene Wasserstand entspricht einem Pegel von ca. 7,85 Meter, das ist etwa ein Meter höher als das zweithöchste je registrierte Hochwasser von 1682 und etwa 2,40 Meter höher als das letzte große Mainhochwasser von 1995. Seit 1342 fand jährlich am Magdalenentag, dem 22. Juli, bis zum Beginn der Reformation eine vom Rat der Stadt angeführte Bußprozession vom Main zur Klosterkirche statt, die seit 1316 den Heiligen Maria und Magdalena geweiht war.

1468 bis 1470 wurde die Kirche im gotischen Stil erneuert. Aufgrund zahlreicher Stiftungen war sie besonders reich mit besonders vielen Altären und Votivgaben ausgestattet. In der Weißfrauenkirche wurden mehrere Patrizier beigesetzt. Die Familie Holzhausen besaß in der Kirche, ebenso wie in der Peterskirche in der Neustadt, eine Grablege und eine eigene kleine Kapelle.

1530 wurde in Frankfurt die Reformation eingeführt. Wie andere Klöster in Frankfurt erlebte danach auch das Weißfrauenkloster einen raschen Niedergang. 1540 verließen die letzten Nonnen das Kloster. 1542 wurde erstmals ein evangelischer Prediger eingesetzt.

Der Rat nahme das ehemalige Kloster fortan in Verwaltung und bestimmte die Einkünfte zur „Versorgung hiesiger bedürftiger Jungfrauen und Witwen lutherischen Bekenntnisses“.

Zwischen 1554 und 1562 wandern über 2000 reformierte Glaubensflüchtlinge aus Flandern und der Wallonie in Frankfurt ein, vorwiegend Textilarbeiter. Die meisten von ihnen waren auf der Flucht vor religiöser Verfolgung, aber auch wirtschaftliche Gründe führten zur Emigration.

Viele von ihnen erwarben das Frankfurter Bürgerrecht. Sie leisteten den Bürgereid in französischer Sprache und erhielten die Weißfrauenkirche für ihren Gottesdienst zugewiesen. Auch englische Glaubensflüchtlinge vor Maria Stuart werden in der Weißfrauenkirche aufgenommen.

1562 untersagte jedoch der Rat der Stadt, der sich inzwischen ganz dem lutherischen Bekenntnis zugewandt hatte, den reformierten Gottesdienst in Frankfurt. Daraufhin verließen viele der Einwanderer die Stadt wieder. In den folgenden Jahrhunderten diente die Weißfrauenkirche als lutherische Predigtstätte, vor allem für aus Frankreich zugewanderte Lutheraner. Zu ihrem Einzugsgebiet gehörten u.a. die bevorzugten Wohngebiete um den Großen Hirschgraben.

1813 gründete der Pfarrer und Reformer Anton Kirchner in den ehemaligen Klosterräumen die Weißfrauenschule, die erste Frankfurter Realschule, die speziell für die Erziehung der Söhne von Handwerkerfamilien gedacht war. 1819 wurde die Verwaltung des Weißfrauenstiftes mit der des Katharinenstiftes unter dem Namen „Vereinigte weibliche Versorgungsanstalten zu St. Katharinen und den Weißfrauen“ (St. Katharinen- und Weißfrauenstift) vereinigt. Unter diesem Namen besteht die Einrichtung bis heute. 1857 wurde die Kirche umfassend renoviert.

1912 wurden die Klostergebäude abgerissen, nachdem bereits 1872 die angrenzenden Liegenschaften des Weißen Hirsches und des Cronstettenstiftes für die Anlage der Kaiserstraße und der Bethmannstraße beseitigt worden waren. Auf diesem Gelände entstand 1875 das Hotel Frankfurter Hof.
Obwohl die Kirche relativ klein war und nur über ein kleines Einzugsgebiet verfügte, blieb sie bis zum Zweiten Weltkrieg ein bedeutendes geistliches Zentrum in der Altstadt. Zu den Geistlichen, die hier wirkten, gehörten u.a. Hermann Dechent, der Frankfurter Kirchenhistoriker, und Johannes Kübel, letzter Konsistorialrat der Frankfurter Landeskirche und Mitbegründer des Pfarrernotbundes.

Am 22. März 1944 brannte die Kirche nach einem Bombenangriff aus, der die gesamte westliche Innenstadt Frankfurts mit ihrem mittelalterlichen Stadtkern zerstörte. Da die Kirche zu den Dotationskirchen gehörte, war die Stadt grundsätzlich zu ihrem Wiederaufbau verpflichtet. Dies war auch zunächst geplant, so dass 1947 und 1948 mit der Sicherung der Ruine begonnen wurde. Doch stellte sich bald heraus, dass aufgrund des Strukturwandels künftig in der Altstadt sehr viel weniger Menschen als vor dem Krieg leben würden. Die gesamte Altstadt bildete deshalb fortan nur noch eine evangelische Gemeinde, die Paulsgemeinde, welche die Alte Nikolaikirche als Gemeindekirche erhielt.

Deshalb schloss die evangelische Kirche 1952 einen Vertrag mit der Stadt, in dem sie auf den Wiederaufbau der Weißfrauenkirche verzichtete. Die Ruinen wurden ab März bis Juni 1953 beim Bau der Berliner Straße beseitigt. Die frühere Dotation wurde aufgehoben, stattdessen erhielt die evangelische Kirche das Dominikanerkloster und die dazugehörige Heiliggeistkirche zugewiesen.

1956 errichtete der Architekt Werner Neumann eine neue Weißfrauenkirche westlich der Innenstadt in der Gutleutstraße im Bahnhofsviertel, damals ein bürgerliches Wohngebiet mit ca. 10.000 protestantischen Christen. Aufgrund der stark zurückgegangenen Gemeindegliederzahlen wird die Weißfrauenkirche inzwischen nicht mehr als Gemeindekirche genutzt. Anfang 2005 wurde sie von der evangelischen Hoffnungsgemeinde an das Diakonische Werk für Frankfurt übergeben und wird nun als Diakoniekirche genutzt.

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